Ein Bericht über Julie Tsiakmakis´ Arbeit im privaten Tierheim „Halkidiki Animal Rescue“
Am Donnerstag, den 12. Mai hatte ich das erste Mal die Gelegenheit Julie und ihr Herzensprojekt „Halkidiki Animal Rescue“ kennen zu lernen. In meinem Urlaub werde ich Julie begleiten und sie bei der kräftezehrenden Arbeit für und um, so ein relativ kleines Tierheim und die Organisation drum herum unterstützen.
Sie kümmert sich nicht nur um die tierischen Heimbewohner und bereitet sie auf ein Leben in Deutschland oder England vor, nein, sie ist auch noch dafür bekannt, dass sie Tiere aus Notlagen rettet. Immer wieder kommt ein Anruf, der ihren Tagesplan durcheinanderbringt.
Der Tag beginnt für Julie immer recht früh. Morgens um 7:00 Uhr heißt es:
- Die Hunde gruppenweise rauslassen
- Die Hinterlassenschaften der Nacht zu beseitigen
- Näpfe einsammeln und reinigen
- Zwinger reinigen
- Fressen, Wasser und neue Decken verteilen!!!
Das Tierheim besteht aus mehreren Zwingern in denen die erwachsenen Hunde untergebracht sind und einem Welpenhaus, in dem drei Würfe mit insgesamt 13 Tieren und noch 2 Einzelwelpen untergebracht sind. Bei 15 Baby-Hunden ist immer Leben in der Bude und immer wieder kommen ganze Truppen vorbei, auf der Suche nach etwas zum Spielen oder Fressen.
Ein munterer Haufen der sich nun mit anderen gleich großen Welpen auf der umzäunten Terrasse vor dem renovierungsbedürftigen Welpenhaus austobt. Die ganz kleinen Babys haben ein separates Zimmer mit Auslauf nach draußen. Sie dürfen noch nicht mit den Großen spielen, da diese etwas zu wild sind.
Für die Hunde, die mittels Transporter nach Deutschland kommen, muss viel vorbereitet werden: Alle Hunde müssen gechipt und geimpft sein. Der Impfpass und weitere Transportpapiere müssen erstellt werden. Intern und für die Gemeinde vor Ort müssen Formulare erstellt werden und ein Nachweis mit Angaben zum neuen Halter muss geführt werden. Diesen „Papierkram“ erledigt Julie meist abends und nebenbei.
Mit der Behörde steht sie in engen Kontakt und dokumentiert, wo sie welchen Hund gefunden hat (mit Foto) und wohin er vermittelt wird/wurde (incl. Chipnr. und Impfpass Nr.) Dieser Kontakt ist auch total wichtig, wie ich in einem Fall selbst miterleben konnte:
Es kam ein Anruf, dass ein Hund mit zwei gebrochenen Beinen gefunden worden ist. Julie konnte nicht spontan losfahren und hat einen Freund organisiert, der den Hund abgeholt und zum Tierarzt brachte. Dieser wollte jedoch zuerst wissen, wer die Kosten der OP trägt. Glücklicherweise war der Hund gechipt und registriert, so dass der Halter ermittelt werden konnte.
Ein Schäfer aus der näheren Umgebung war der Besitzer dieses armen Wesens. Der Schäfer hat 8 große Hunde und wollte den 9 Jahre alten Hund zuerst nicht behandeln lassen und auch nicht von den Schmerzen erlösen.
Er sagte, dass er kein Geld hat und darum die Kosten der OP nicht bezahlen kann und will. Julie hat dann sehr eindringlich mit ihm darüber gesprochen und ihm erklärt, dass er drei Optionen hat:
- Er lässt den Hund einschläfern
- Er gibt ihm den Gnadenschuss zu Hause
- Oder er bezahlt die OP und anschließend die Pflege in einer Pension, bis der Hund wieder laufen kann.
Diese längere Verhandlung, an der die Gemeinde beteiligt war, hat letztendlich zur erfolgreichen medizinischen Versorgung des armen Hundes geführt.
In Griechenland gibt es ein sehr strenges Tierschutzgesetz. Es bedarf aber auch Menschen, die handeln, wenn man Verstöße erkennen kann. Und so ist es gut, dass Julie die Behörde an ihrer Seite hat, damit auch die Schäfer wissen, dass dieses Tierschutzgesetz auch für sie und Ihre Tiere gilt.
Für nächste Woche hat Julie ein besonderes, sehr anstrengendes Projekt geplant. Sie will mit Vertretern der Tierschutzbehörde und der örtlichen Polizei die einzelnen Schäfer besuchen, diese über das geltende Tierschutzgesetz aufklären und ihnen ihre Optionen darlegen. Zusätzlich wird dokumentiert wie viele Rüden und Hündinnen der Schäfer besitzt. Aufgrund dieser Daten wird gemeinsam der Zeitrahmen bestimmt, in dem er alle seine Hunde gechipt und kastriert bzw. sterilisiert haben muss.
Für unsere Julie bedeutet das, sie jeden Schäfer in der nächsten Zeit mindesten zwei Mal besuchen muss. Dies ist ein zeitraubendes Vorhaben, aber nur so kann nachhaltiger Tierschutz funktionieren. Es geht ja nicht darum ständig neue goldige Fellknäule für den „Export“ zu erzeugen, sondern Tierleid durch weggeworfene Welpen und entsorgte Hunde zu lindern oder besser noch: Gar nicht erst entstehen zu lassen. Vermutlich werden die Schäfer behaupten, dass sie kein Geld für so etwas haben und um Unterstützung bei der Kastration bitten.
Aber auch das ist ein Rechenexempel: Einen Teil der Kosten im Einverständnis mit den Besitzern zu übernehmen ist günstiger als nachher, die über den Müll entsorgten oder in den Wäldern ausgesetzten, Welpen mit der Flasche groß zu ziehen.
Am frühen Montagmorgen versorgte Julie Ihre Hunde und fuhr dann los, damit die Hündin Punkt 9:00 Uhr beim Tierarzt die notwendige Behandlung bekam. Nun heißt es hoffen und beten, damit kein bleibender Schaden entstanden ist und Heilung ohne große OP möglich ist.
Doch damit nicht genug! Immer wieder kommen Anrufe, dass jemand Welpen gefunden hat und nicht weiß, was er damit tun soll. Selbstverständlich ist Julie dann auch wieder zur Stelle. Sie betreut seit 14 Tagen drei ganz kleine, vermutlich frisch geborene Hundebabys in ihrem Büro. Als diese Ihr gebracht wurden, hatten diese süßen Kleinen die Augen noch geschlossen. So junge Babys brauchen eigentlich ständig ihre Mutter um sich und sie brauchen in kurzen Abständen ihre Milch und ihre Fürsorge. Das bedeutet für den betreuenden Menschen: Nachtruhe nur mit Unterbrechung.
Nach dem Füttern kommt die Pflege. Kleine Hundebabys werden relativ unreif geboren – das Verdauungssystem benötigt Hilfe. Hundemütter lecken ihre Kinder nach dem Trinken intensiv ab und stimulieren die Verdauung. Auch das ist jetzt die Aufgabe der menschlichen Hundemutter. Also alle 2 Std. Füttern und Bäuche massieren – und das mitten in der Nacht. Je größer die Welpen werden umso länge sind zwar die Pausen zwischen den Fütterungen aber umso größer ist auch das, was man dann am besten sofort wegräumt.
Ich darf beim Füttern (jetzt alle 4 Stunden) und Wechseln der Unterlagen mithelfen, so dass Julie sich auch mal Hinsetzen und ein Glas Wein trinken kann.
Wenn ich dann allen Welpen die Flasche verabreicht und den Bauch gestreichelt habe, kann ich noch schnell die Box frisch machen und dann schlafen sie endlich total relaxt & zusammen gekuschelt auf ihrer Wärmflasche ein.
Am nächsten Morgen beginnt die Arbeit von vorn: Als erstes steht das Welpenhaus auf dem Plan. Die kleinen Racker machen sich lautstark bemerkbar, wenn die hören, dass sich jemand nähert. Erst wenn sie den ersten Hunger gestillt haben, wird es leiser. Damit heißt es für mich oder für Julie wieder saubermachen und alles aufsammeln was da nicht hingehört. Die Räume müssen nass gewischt werden und der Abwasch muss gemacht werden. Schließlich brauchen wir die Futternäpfe spätestens heute Abend wieder und es sollen sich ja keine Fliegen und Maden auf den Resten breit machen. Jetzt kommen noch die großen Hunde dran. Da es hier einige gibt, die sehr Menschenscheu sind und nicht alle Personen tolerieren muss Julie diese Aufgabe persönlich übernehmen.
All dies macht Julie nun seit mehr als 20 Jahren bei Wind und Wetter und über alles Schicksalsschläge hinweg, mit einer bemerkenswerten Routine. Sie hat nur hin und wieder Helfer, wie mich, die ihr einen Teil der Arbeit für kurze Zeit abnehmen können.
Nun bin ich eine Woche hier und ich bin gespannt, was es noch alles in der nächsten Woche zu berichten gibt.